Momentum

Nanja Heid zeichnet mit der Nähmaschine auf Stoff und Papier und erschafft Bilder, Bildskulpturen und raumgreifende Installationen, die im Dialog stehen mit Raum, Licht und Betrachter*in. Im Prozess nähert sie sich forschend dem Material und bindet dessen Eigenschaften und Verhalten in das Werk ein, ebenso die Spuren des von ihr verwendeten Werkzeugs oder der Technik. Diese Zeichen des Prozesses sind Form gebend und wichtige Elemente der Kunstwerke. Eine Naht berührt nicht nur die Oberfläche, wie die Linie einer Zeichnung, sondern dringt in die Tiefe, durchstößt die Fläche und umschließt sie. Somit entstehen zur gleichen Zeit immer zwei Ansichten: Das Vorne und das Hinten, das Innen und das Außen, das Sichtbare und das Unsichtbare: Polaritäten, die unweigerlich miteinander verbunden sind, da nur das Eine durch das Andere in Erscheinung treten kann. 

Mit ihrer Technik schafft die Künstlerin einzigartige Bilder und Bildskulpturen. Die genähte, rhythmische Linie zieht sich über das von ihr bemalte handgeschöpfte Echizen Washipapier oder dem Reispapier Wenzhou, das fragil und fest zugleich ist. Wie ein Geäst oder Gewebe verdichten, verzweigen und fließen die Linien auf zarten bis farbintensiven Hintergrund. Blutbahnen und Nervenstränge im Körper, Strukturen und Prozesse, die in der Natur zu finden sind, dienen als Inspiration für die Gemälde, ebenso die auditive Beschäftigung mit dem Herzschlag und den Umgebungs-geräuschen, die Heid in Farbe, Form und Linien transformiert. Das Sichtbare und das Unsichtbare wird so erweitert, dass wir Einblicke in eine weitere Dimension erhalten, sei es der Körper der Künstlerin oder die Umgebung. 

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